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  • Apr 16, 2025
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Systemische Therapie

Die systemische Therapie gehört zu den etablierten und wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren. Sie geht davon aus, dass psychische Symptome nicht isoliert im Individuum entstehen, sondern als Ausdruck von Störungen im sozialen Miteinander – etwa in Familien, Partnerschaften oder anderen relevanten Beziehungssystemen – verstanden werden müssen. Der Mensch wird hier nicht als losgelöstes Einzelwesen betrachtet, sondern als Teil eines komplexen Gefüges wechselseitiger Beziehungen, in dem sich auch Probleme entwickeln, verfestigen und lösen lassen.

Systemische Therapie: Die Perspektive des Zusammenhangs – Heilung durch Veränderung im System

Die systemische Therapie gehört zu den etablierten und wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren. Sie geht davon aus, dass psychische Symptome nicht isoliert im Individuum entstehen, sondern als Ausdruck von Störungen im sozialen Miteinander – etwa in Familien, Partnerschaften oder anderen relevanten Beziehungssystemen – verstanden werden müssen. Der Mensch wird hier nicht als losgelöstes Einzelwesen betrachtet, sondern als Teil eines komplexen Gefüges wechselseitiger Beziehungen, in dem sich auch Probleme entwickeln, verfestigen und lösen lassen.

Ursprünge und theoretische Grundlagen

Die systemische Therapie entwickelte sich ab den 1950er Jahren zunächst im Kontext der Arbeit mit Familien, insbesondere mit solchen, in denen ein Mitglied an Schizophrenie erkrankt war. Seither hat sich die Methode stetig weiterentwickelt und professionalisiert. Sie basiert auf theoretischen Konzepten wie der Systemtheorie, der Kybernetik, der Kommunikationstheorie sowie dem sozialen Konstruktivismus.

Zentral ist die Vorstellung, dass Probleme nicht als „Störung“ einer einzelnen Person, sondern als Folge oder Ausdruck eines dysfunktionalen Beziehungsmusters innerhalb eines Systems zu verstehen sind. Dabei kann das System eine Familie sein, eine Partnerschaft, ein Team oder auch eine ganze Organisation. Die Frage ist nicht: „Was stimmt mit dieser Person nicht?“, sondern vielmehr: „In welchem Zusammenhang macht dieses Verhalten Sinn – und was trägt zur Aufrechterhaltung des Problems bei?“

Der systemische Blick: Beziehungen statt Defizite

Systemische Therapie richtet den Fokus auf die Interaktionen zwischen Menschen, nicht auf deren vermeintliche Defizite. Sie interessiert sich dafür, wie Beziehungen gestaltet werden, wie Kommunikation funktioniert und welche unausgesprochenen Regeln, Erwartungen oder Rollen in einem System wirksam sind. Ziel ist es, neue Sichtweisen zu entwickeln und alternative Handlungsmöglichkeiten zu erschließen.

Dabei geht es nicht darum, Schuldige zu identifizieren, sondern Zusammenhänge zu erkennen und Entwicklung zu ermöglichen. In der Praxis bedeutet das: Auch wenn nur eine Person zur Therapie kommt, wird ihr Umfeld immer mitgedacht – sei es in Form innerer Bilder, Erzählungen oder durch die Reflexion relevanter Beziehungsdynamiken. Die Veränderung eines Teils im System kann eine Veränderung des gesamten Systems bewirken.

Methoden und Arbeitsweise

Systemische Therapeut:innen nutzen eine Vielzahl kreativer und reflektierender Methoden. Besonders typisch sind:

  • Zirkuläre Fragen Diese Techniken fördern Perspektivwechsel, indem nicht nur nach der eigenen Sicht gefragt wird, sondern auch nach der Wahrnehmung anderer Beteiligter: „Was würde Ihre Schwester sagen, wie Sie sich in dieser Situation verhalten haben?“

  • Skulpturen und Aufstellungen In sogenannten Familienskulpturen werden Personen (real oder symbolisch) im Raum angeordnet, um Beziehungsdynamiken sichtbar zu machen. Eine spezifische, allerdings umstrittene Variante ist das Familienstellen nach Hellinger, das zwar bekannt ist, aber in der Fachwelt teilweise kritisch beurteilt wird.

  • Metaphern und Narrative Geschichten, Bilder und Symbole werden genutzt, um komplexe emotionale Prozesse anschaulich zu machen und neue Deutungen zu ermöglichen.

  • Verstörungstechniken Durch gezielte Irritationen oder unerwartete Fragen können eingefahrene Denk- und Verhaltensmuster unterbrochen und dadurch kreative Lösungsräume geöffnet werden.

Die Rolle der Therapeutin oder des Therapeuten ist dabei je nach Ausrichtung unterschiedlich: In manchen Schulen tritt sie oder er eher als strukturierender Experte auf (etwa in der strategischen oder strukturellen Familientherapie), in anderen als kooperativer Gesprächspartner auf Augenhöhe, wie es bei lösungsorientierten, narrativen oder konstruktivistischen Ansätzen üblich ist.

Anwendungsfelder und Organisation der Therapie

Systemische Therapie wird nicht nur mit Familien durchgeführt, sondern auch mit Einzelpersonen, Paaren oder Teams. Der methodische Ansatz lässt sich flexibel auf verschiedene Lebenskontexte übertragen. Auch Organisationen und Unternehmen nutzen zunehmend systemische Beratung zur Reflexion und Veränderung ihrer Kommunikations- und Führungskultur.

Ein besonderer Vorteil der Systemischen Therapie liegt in ihrer Flexibilität: Sitzungen können in größeren zeitlichen Abständen stattfinden – ganz nach den Bedürfnissen der Klient:innen. Das erlaubt eine praxisnahe, ressourcenschonende und gleichzeitig wirksame Begleitung.

Wissenschaftliche Anerkennung und Versorgung durch Krankenkassen

Die Systemische Therapie ist seit dem 1. Juli 2020 offiziell als Richtlinienverfahren anerkannt und wird seither auch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen – zunächst für die psychotherapeutische Behandlung von Erwachsenen.

Die Entscheidung zur Anerkennung beruht auf umfangreichen wissenschaftlichen Studien, die die Wirksamkeit der Methode belegen konnten. Nachgewiesen wurde ein positiver Therapieeffekt insbesondere bei:

  • Angst- und Zwangsstörungen
  • Unipolaren depressiven Störungen
  • Schizophrenie
  • Substanzkonsumstörungen
  • Essstörungen

Damit steht die Systemische Therapie in einer Reihe mit anderen anerkannten psychotherapeutischen Hauptverfahren wie der Verhaltenstherapie, der tiefenpsychologisch fundierten Therapie oder der Psychoanalyse.

Fazit: Veränderung beginnt im System

Systemische Therapie eröffnet einen differenzierten Blick auf psychische Probleme – einen Blick, der nicht auf das Individuum allein gerichtet ist, sondern auf die Beziehungen, in denen Menschen leben. Sie macht sichtbar, wie persönliche Schwierigkeiten eingebettet sind in komplexe Dynamiken, und fördert dadurch Verständnis, Entlastung und neue Handlungsmöglichkeiten.

Indem sie Ressourcen aktiviert, Perspektiven erweitert und auf Veränderungen im gesamten System hinwirkt, leistet sie einen wichtigen Beitrag zur psychischen Gesundheit – im Privaten ebenso wie in sozialen, beruflichen oder institutionellen Kontexten. Wer bereit ist, nicht nur sich selbst, sondern auch sein Umfeld in den Blick zu nehmen, findet in der Systemischen Therapie eine vielseitige und wirksame Unterstützung auf dem Weg zu mehr innerer und äußerer Klarheit.

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